Unter dem Titel Der Herr hält unsere Hand erscheint erstmals auf Deutsch eine Sammlung privater und unveröffentlichter Homilien von Benedikt XVI. Es handelt sich um Predigten, die während seines Pontifikats und auch nach seinem Rücktritt in einem kleinen Kreis und in streng privaten Kontexten gehalten wurden, wie Vatican News berichtet.
Die Homilien wurden ursprünglich auf Italienisch gehalten und bislang nicht veröffentlicht. Der Band versammelt Texte, die in der privaten Kapelle des Apostolischen Palastes im Vatikan, in der von Castel Gandolfo und schließlich in der Kapelle des Klosters Mater Ecclesiae gepredigt wurden, wo Benedikt XVI als emeritierter Papst lebte.
Das Zeugnis von Monsignore Georg Gänswein
Zu den regelmäßigen Zuhörern dieser Homilien gehörte Monsignore Georg Gänswein, der persönliche Sekretär von Benedikt XVI über Jahre hinweg und derzeit apostolischer Nuntius in den baltischen Ländern. In Aussagen gegenüber den vatikanischen Medien erklärt Gänswein, dass die Veröffentlichung Zeit in Anspruch genommen hat, sowohl für die Sammlung und Ordnung der Texte als auch für die Abwägung des geeigneten Wegs, sie der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Wie er berichtet, gab es kaum einen Sonntag oder eine Feierlichkeit, an der Benedikt XVI nicht predigte, selbst wenn die Teilnehmerzahl auf eine kleine Gruppe aus seinen Sekretären, einigen geweihten Frauen und gelegentlich Gästen schrumpfte. Für den deutschen Papst war die Predigt ein wesentlicher Bestandteil seines geistlichen Lebens und seines Verständnisses des priesterlichen Amtes.
Eine Vorbereitung, geprägt von der Schrift und den Kirchenvätern
Gänswein beschreibt im Detail, dass Benedikt XVI seine Homilien auf Basis des griechischen Textes des Neuen Testaments vorbereitete, den er im Voraus las und meditierte. Dazu kamen die üblichen Konsultationen der Kommentare der Kirchenväter sowie seine eigene persönliche und pastorale Erfahrung. Obwohl er seine Reflexionen meist am Vortag niederschrieb, predigte er während der liturgischen Feier frei.
Der Band enthält hauptsächlich Homilien zu den Zeiten der Fasten und Ostern. Darunter hebt Gänswein eine Predigt hervor, die den Titel Emmaus. Immer Karfreitag und immer Ostern trägt und die er als besonders bedeutsam im Gesamtkontext betrachtet.
Ein Fenster zum geistlichen Herzen von Benedikt XVI
Für den ehemaligen Sekretär des Papstes stellen diese Homilien einen Schlüssel dar, um die letzten Jahre des Lebens von Benedikt XVI zu verstehen. In ihnen – so betont er – spiegelt sich seine intime Beziehung zum Wort Gottes wider, das nicht als Text der Vergangenheit verstanden wird, sondern als lebendige Realität, die im Gegenwart wirkt und das Leben der Gläubigen verwandelt.
Gänswein unterstreicht, dass Joseph Ratzinger immer ein „Meister des Wortes“ war, von seinen Jahren als junger Priester und Professor bis hin zu seiner Zeit als Papst und als Emeritierter. Die Predigt, so betont er, war eine der charakteristischsten Ausdrucksformen seiner Berufung und seines Dienstes an der Kirche.
Theologische und editorische Bedeutung des Projekts
Laut Gänswein zeigen sie einen Theologen, der seine Reflexion nie auf den akademischen Bereich beschränken wollte, sondern stets danach strebte, den Glauben durch Predigt und Katechese dem einfachen Volk zugänglich zu machen.
Der Band, herausgegeben vom Verlag Herder, versammelt etwa 135 Homilien, die nach dem Kirchenjahr geordnet sind und jede mit einem kurzen Gebet abschließen. Der erste Band umfasst die Zeiten der Fasten, Ostern, Pfingsten und das Fest der Allerheiligsten Dreifaltigkeit. Ein zweiter Band, der Advent und Weihnachten gewidmet ist, ist für den Herbst 2026 geplant.
Das Werk enthält ein Vorwort von Monsignore Georg Gänswein, eine Einleitung von Pater Federico Lombardi SJ und ein Epilog von Christian Schaller. Die Veröffentlichung des ersten Bandes ist für den 19. Januar 2026 vorgesehen.
