Katechese von Johannes Paul II. über das Fegefeuer

Katechese von Johannes Paul II. über das Fegefeuer

Im Rahmen seiner Generalaudienzen widmete Papst Johannes Paul II eine Katechese am 4. August 1999, der Erklärung des authentischen Sinns des Fegefeuers. Im Kontext des Tages der verstorbenen Gläubigen gewinnt diese Lehre einen erneuerten Wert: Sie lädt uns ein, über die göttliche Barmherzigkeit, die Notwendigkeit der Bekehrung und die sichere Hoffnung auf das ewige Leben nachzudenken.

Die Reinigung: Weg zur Seligkeit

Johannes Paul II erinnerte daran, dass der Mensch nach seiner endgültigen Entscheidung für oder gegen Gott vor einer Alternative steht: das ewige Leben oder die endgültige Trennung. Wer jedoch in der Gnade stirbt, aber noch nicht vollständig gereinigt ist, bedarf eines inneren Reinigungsprozesses, bevor er zum seligen Schauen Zugang erhält. Dieser Prozess ist es, den die Kirche als Fegefeuer bezeichnet.

„Der Weg zur vollen Seligkeit erfordert eine Reinigung“, erklärte der Papst und zitierte den Katechismus der Katholischen Kirche (nn. 1030-1032). Es handelt sich nicht um eine Strafe, sondern um einen Ausdruck barmherziger Liebe, die die Seele auf die vollkommene Gemeinschaft mit Gott vorbereitet.

Biblische Grundlage der Reinigung

Der polnische Papst erinnerte daran, dass die Heilige Schrift zahlreiche Hinweise auf diese Glaubenswahrheit bietet. Im Alten Testament muss, was Gott geweiht ist, vollkommen sein, ohne Makel oder Fehler. Diese Vollkommenheit symbolisiert die Notwendigkeit eines reinen Herzens, um in die göttliche Gegenwart einzutreten.

Der heilige Paulus deutet in seinem ersten Brief an die Korinther diese geistliche Reinigung direkt an: „Wer Verlust erleidet, wird gerettet, aber so, als ob er durch das Feuer hindurchgeht“ (1 Kor 3, 15). Johannes Paul II betonte, dass dieser Text zeigt, wie das Feuer das reinigende und wandelnde Gottesliebe symbolisiert, nicht eine körperliche Qual, sondern eine heilende Wirkung, die die Seele von allen Resten der Sünde oder Anhänglichkeit ans Böse befreit.

Christus, der Fürsprecher und Reiniger

Der Heilige Vater unterstrich, dass jede Reinigung ihren Sinn in Christus findet. Er ist der Hohepriester und zugleich das Sühneopfer für die Sünden der Welt. „Jesus wird sich am Ende unseres Lebens vollkommener offenbaren, indem er seine Barmherzigkeit anbietet, aber auch seine Gerechtigkeit manifestiert“, sagte er.

Auf diese Weise ist das Fegefeuer kein hinzugefügtes Strafgericht, sondern der Ausdruck dieser barmherzigen Gerechtigkeit, die uns rein vor Gott darstellen möchte, verwandelt durch die Nächstenliebe, „das Band der Vollkommenheit“ (Kol 3, 14).

Das Fegefeuer ist kein Ort, sondern ein Seelenzustand

Johannes Paul II präzisierte, dass das Fegefeuer nicht als physischer Raum verstanden werden sollte, sondern als Existenzzustand (vgl. KKK 1030-1032). „Wer nach dem Tod in einem Zustand der Reinigung lebt, ist bereits in der Liebe Christi, die ihn von den Resten der Unvollkommenheit befreit“, lehrte er.

Der Papst klärte, dass diese Reinigung keine „zweite Chance“ nach dem Tod darstellt: Das ewige Schicksal wird in diesem Leben entschieden. Vielmehr ist das Fegefeuer der Abschluss des Bekehrungsprozesses, der auf Erden begonnen hat, wenn die bereits gerettete Seele sich vollkommener reinigen lässt, um in die Herrlichkeit einzutreten.

Eine beständige Lehre der Kirche

Die Lehre vom Fegefeuer wurde in zahlreichen Konzilien – von Florenz und Trient bis zum Zweiten Vatikanischen Konzil – als Ausdruck der Gottliebe neu bekräftigt, die vervollkommnet. Der Papst zitierte die Konstitution Lumen gentium (n. 48) und erinnerte daran, dass „wir den Tag und die Stunde nicht kennen“ und dass wir wachsam in der Gnade leben müssen, vorbereitet, mit Christus in die ewigen Hochzeiten einzutreten.

In diesem Licht erscheint das Fegefeuer nicht als furchteinflößendes Strafgericht, sondern als Manifestation der christlichen Hoffnung: Die Seele, die in der Freundschaft Gottes stirbt, ist bereits gerettet, und das Feuer seiner Liebe reinigt sie, bis sie würdig wird, sein Antlitz zu schauen.

Eine Liebegemeinschaft, die die Zeit durchdringt

Schließlich hob Johannes Paul II einen wesentlichen und oft vergessenen Aspekt hervor: die gemeinschaftliche Dimension des Fegefeuers. „Wer sich in einem Zustand der Reinigung befindet, ist ebenso mit den Seligen wie mit uns verbunden, die in dieser Welt wandeln“, erklärte er.

Der Papst erinnerte daran, dass die Bande des Mystischen Leibes Christi mit dem Tod nicht zerreißen. Die Seelen im Fegefeuer profitieren von den Gebeten, Suffragien und Werken der Nächstenliebe, die von den Gläubigen auf Erden dargebracht werden. Auf dieselbe Weise flehen diese Seelen, sobald sie gereinigt sind, für diejenigen, die noch wandern.

„Die Reinigung – lehrte er – geschieht im wesentlichen Band, das diejenigen verbindet, die in der Gegenwart leben, mit denen, die bereits die ewige Seligkeit genießen.“ In dieser Liebegemeinschaft entfaltet sich das Geheimnis der Kirche: eine einzige Familie auf Erden, im Himmel und im Fegefeuer.

Der Gedenktag der Verstorbenen: Ein Akt der Hoffnung

An diesem 2. November hallt die Lehre des heiligen Johannes Paul II über das Fegefeuer stark wider. Die Erinnerung an die Verstorbenen ist kein Akt der Traurigkeit, sondern des Glaubens. Die für sie dargebrachten Gebete, Ablässe und Werke sind konkrete Ausdrücke übernatürlicher Nächstenliebe.

Das Fegefeuer erinnert uns daran, dass niemand allein gerettet wird, dass die Erlösung Gemeinschaft ist und dass die Liebe Christi sich nicht einmal vor der Grenze des Todes aufhält. In den Worten des Papstes selbst: „Die Reinigung ist das Feuer der Gottesliebe, das die Seele verwandelt, damit sie voll und ganz an seiner Herrlichkeit teilhaben kann“.

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